Was weiß eine Neunjährige über die Tatort-Krimis im Fernsehen? Zu viel.
Von Georg Lux*
Man lernt nie aus. Bis vor wenigen Monaten war mir das schöne Wort Spoiler nur im Zusammenhang mit Fahrzeugen geläufig. Berufsbedingt musste ich mich dann aber über die Handlung des neuen James-Bond-Films informieren, für den ein gewisser Daniel Craig zu diesem Zeitpunkt gerade in Österreich vor der Kamera stand. Die angeblich streng geheimen Drehbücher waren damals gestohlen und im Internet veröffentlich worden. Vor allem englischsprachige Medien zitierten fleißig daraus und versahen die dementsprechenden Artikel im Internet mit dem Warnhinweise „Spoiler“. Seither weiß ich: Spoiler ist auch ein Fachbegriff für „eine Spannung verderbende Inhaltsangabe“, die potentiellen Konsumenten schon im Vorfeld das Interesse an einem Film, einem Buch, einer TV-Serie, einem Videospiel oder einem sonstigen belletristischen Werk rauben kann (mehr darüber steht bei Wikipedia, wo ich das angeschrieben habe).
Ich hatte diese Erkenntnis schon längst wieder in den Untiefen meines Langzeitgedächtnisses versenkt, als ich kürzlich meiner Frau vom Ende eines Tatort-Krimis berichtete. Sie war während der Ausstrahlung Sonntagabend – wohl aufgrund des unglaublichen Spannungsbogens – eingeschlafen. „Der Mörder war der Streifenpolizist“, klärte ich sie Montagfrüh auf, um umgehend von meiner neunjährigen Tochter Lucia getadelt zu werden: „Das ist ein Spoiler!“ Schwer beeindruckt wollte sofort wissen, woher das Kind dieses Wort kennt, kam aber leider nicht zu Wort. Lucia führte weiter aus: „Beim Tatort sieht man am Anfang immer, was passiert, also auch den Mörder. Da ist eigentlich die ganze Serie ein Spoiler.“
Beruhigend. Das Kind weiß zwar, was ein Spoiler ist, scheint aber noch nie einen Tatort gesehen zu haben.
Oder bin nur ich so blöd und überseh den Mörder am Anfang immer?!
PS: Kollege Peter L. hat auf Facebook völlig korrekt angemerkt, dass der Streifenpolizist zwar Dreck am Stecken hatte, aber NICHT der Mörder war. Die Erklärung für meine Falschmeldung ist einfach. Ich wollte nicht „spoilern“.
* Der Journalist und Autor Georg Lux schreibt seit 2007 über das Leben mit seiner Tochter Lucia (geboren 2005). Die Kolumnen und Blogs sind u. a. in der WOCHE Kärnten, auf www.typischich.at und auf www.wiener-online.at erschienen.
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