Goldene Sonne, klares Wasser, frische Luft – der Oktober verwandelt den Wörthersee in eine natürliche Wellness-Oase. Sonne, Bewegung und Kaltwasserreize wirken zusammen wie eine sanfte Kur für Körper und Seele. Was die Wissenschaft dazu sagt – und was das alles mit der Lehre von Sebastian Kneipp zu tun hat – zeigt sich gerade jetzt am See besonders deutlich.
Der Nebel zieht über den See, als sich die Sonne langsam durchsetzt. Wer jetzt am Wörthersee steht, spürt sofort: Der Herbst hier hat etwas Besonderes. Es ist ruhiger, klarer, echter – und es tut gut. Wenn sich die Badegäste längst verabschiedet haben, bleibt ein Licht, das sich auf der Haut einfach wunderbar anfühlt. Die Oktobersonne – sanft, golden, wohltuend. Sie ist schwächer als im Sommer, aber keineswegs nutzlos. Noch bis Mitte Oktober kann der Körper in Kärnten Vitamin D bilden, das Sonnenhormon, das unser Immunsystem stärkt und die Stimmung stabilisiert. Danach steht die Sonne zu tief, der Winkel reicht nicht mehr. Aber wer jetzt am See spazieren geht, tankt spürbar Energie – für Körper und Geist.
20 Minuten reichen, sagen Mediziner, um den Körper noch einmal mit Licht zu füttern. Das UVB-Licht regt die Produktion von Vitamin D an – und das ist in Österreich laut Studien bei vielen Menschen zu niedrig. Wer dazu noch ans Ufer kommt, hat einen Bonus: Das Wasser reflektiert die Sonnenstrahlen und verdoppelt den Lichteffekt – so wirkt das Herbstlicht am See intensiver als in der Stadt.
Und ja – einige gehen tatsächlich noch schwimmen. Der Wörthersee hat Mitte Oktober immerhin noch 16,3 Grad. Kalt, aber nicht eisig. Mediziner nennen das „Kaltwasserreiz“ – er aktiviert Kreislauf und Durchblutung, regt die Ausschüttung von Endorphinen an und trainiert den Stoffwechsel. Wer regelmäßig ins kühle Wasser steigt, stärkt langfristig seine Abwehrkräfte und Stresstoleranz. Natürlich gilt: nur gesund und mit Maß. Doch viele Stammgäste sehen das Herbstschwimmen längst als Ritual – ein kleiner Schock fürs System, der richtig wach macht.
Was heute modern klingt – Kaltwasser, Sonne, Bewegung – ist nichts Neues. Schon Sebastian Kneipp wusste, wie stark die Natur auf uns wirkt. Seine fünf Säulen – Wasser, Bewegung, Ernährung, Kräuter und Lebensordnung – sind zeitlos. Vier davon finden sich am Wörthersee im Oktober wieder: das klare Wasser, die Sonne als Energiequelle, die Bewegung an der frischen Luft und die Ruhe, die den Geist ordnet.
Wir haben bei Ulrike Herzig, Gründerin der Kneipp-Akademie in Klagenfurt, nachgefragt. Sie beschäftigt sich seit vielen Jahren mit den Themen Selbstregulation, Naturheilkunde und ganzheitlicher Gesundheitsförderung.
„Die Kneipp-Lehre ist keine Theorie, sie ist angewandte Lebenskunst“, sagt Herzig.
„Wer im Herbst barfuß durch feuchtes Gras geht, wer sich traut, noch in den See zu steigen oder einfach bewusst Sonne und Luft aufnimmt, der nutzt genau das, was der Körper braucht – natürliche Reize, die ihn stärken statt schonen.“
Besonders im Herbst eignen sich die klassischen Kneipp-Anwendungen: ein kurzes Armbad im kalten Wasser, ein Wassertreten am Ufer oder ein Tautreten in den frühen Morgenstunden. Diese einfachen Reize trainieren die Gefäße, regen die Durchblutung an und fördern die Selbstheilungskräfte des Körpers – ganz ohne Geräte oder Medikamente. Tatsächlich zeigen aktuelle Studien, dass Kaltwasseranwendungen den Blutdruck regulieren, die Durchblutung fördern und das Immunsystem aktivieren. Licht wiederum steuert unseren Biorhythmus, regt die Serotoninproduktion an und wirkt so gegen den gefürchteten Herbstblues. Kneipp hätte es wohl einfacher gesagt: „Die Sonne, das Wasser, die Bewegung – das sind die besten Arzneien, wenn man sie richtig nutzt.“

Herbst am Wörthersee. Foto: DerHandler
Die klare Herbstluft rund um den See wirkt wie eine natürliche Kur. Bewegung im milden Sonnenlicht senkt den Blutdruck, aktiviert Muskeln und Stoffwechsel – und sorgt für seelische Ruhe. Psychologen nennen das den „Restorative Effect“: Die Natur hilft dem Gehirn, Stress abzubauen und Konzentration wiederzufinden. Hier, wo Wasser, Licht und Stille zusammentreffen, passiert das ganz von selbst.
Am Nachmittag leuchtet das Wasser golden, die Boote liegen still, und man versteht plötzlich, warum so viele sagen: „Der Wörthersee ist im Oktober am schönsten.“ Es ist nicht mehr der See des Trubels, sondern der Stille. Der See derer, die auftanken wollen. Die Sonne versorgt uns mit Licht, das Wasser belebt, die Bewegung erdet – und die Ruhe lässt alles zusammenfinden.
Die Tage am Wörthersee sind kein Abschied vom Sommer, sondern eine Einladung, Kraft zu sammeln. Die Oktobersonne liefert noch einmal Energie, das kalte Wasser weckt die Lebensgeister, die Bewegung an der frischen Luft stärkt Körper und Seele.
Oder, wie Ulrike Herzig von der Kneippakademie sagt:
„Kneipp wollte, dass wir mit der Natur leben, nicht gegen sie. Der Herbst am See zeigt uns genau das – im sanften, goldenen Licht der Oktobersonne.“


