Klassisches Taekwondo nach Großmeister Son Jong Ho

Gepostet von
22. Januar 2020

Fotos: Copyright Son Jong Ho Classic Taekwondo Federation Europe (SCTE)

Im Sportunterricht in der Schule war ich nie wirklich gut. Ich lief langsam, sprang nicht weit und warf recht kurz, konnte kein Seile hochklettern oder mich in den Ringen halten – und Gott bewahre, wenn der Bock aus dem Gerätelager geholt wurde! Tja, zu einer Drei im Zeugnis hat es irgendwie gereicht. Hauptsache positiv. Die Schule lehrte mich über Jahre: Leichtathletik ist einfach nichts für mich. Ich war immer etwas übergewichtig, hatte ein Hohlkreuz, habe gern Computer gespielt. E-Sport ist ja auch irgendwie Sport… Also na ja… Ich arrangierte mich jedenfalls damit, dass ich wohl keine Karriere als Sportlerin machen würde und dass ich den Schulsport einfach aussitzen musste.

Doch dann fand ich über Umwege endlich den Sport, der heute mein Herz durchwegs erfüllt und dem ich seit meinem ersten Training vor mittlerweile sieben Jahren (im Januar 2013) mit Begeisterung nacheifere: Klassisches Taekwondo.


Momentaufnahmen unseres alljährlichen Trainingslagers

Was ist klassisches Taekwondo?

Taekwondo ist eine koreanische Kampfkunst, die in den 1960er/70ern durch einige Großmeister von Korea nach Europa gebracht wurde. Unter ihnen Großmeister Son Jong Ho, der sich mit seinen Schulen in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Italien niedergelassen hat. Das Center, in dem er selbst nach wie vor das Training leitet, ist in Klagenfurt zu finden.

„Tae Kwon Do“ bedeutet wörtlich übersetzt „Fuß, Faust, Weg“, wobei der Weg die innere Haltung, die Philosophie, beschreibt. Es gibt mehrere Ausprägungen dieser Kampfkunst, aber im Gegensatz zum ITF und WTF Taekwondo werden im klassischen Taekwondo keine Wettkämpfe veranstaltet. Man trainiert in der Gruppe, aber vor allem für sich. Körperkontakt wird bis auf in Ausnahmefällen (wie beispielsweise bei Demonstrationen) komplett vermieden, wodurch das Verletzungsrisiko relativ gering ist. Selbst Freikämpfe zielen lediglich auf die Demonstration des Gelernten ab, jedoch ohne den Gegner ernsthaft treffen zu wollen.

In Europa ist Taekwondo vor allem für seine Bruchtests bekannt, die gern bei Präsentationen vorgeführt werden. Dabei werden je nach Trainingsfortschritt beispielsweise ein oder mehrere Bretter oder Ziegelsteine mit einer Hand- oder Fußtechnik zerschlagen. Obwohl der Bruchtest eins der bekanntesten Elemente des Taekwondo ist, ist er kein Bestandteil eines regulären Trainings sondern dient lediglich der Überprüfung des Gelernten.

Eine normale Trainingsstunde gestaltet sich je nach Trainer und Schülern anders, jedoch weist sie in der Regel folgende Elemente auf:

  • Aufwärmen
  • Kombinationen von Techniken
  • Verfeinerung der Grundtechniken
  • Hyongs bzw. Formen (fixe Abläufe von Technikkombinationen)
  • Freikampf bzw. Einschrittkampf (Ilbo Taeryon)
  • Dehnen
  • Meditation

Besondere Aufmerksamkeit wird unter Großmeister Son der Atmung geschenkt. Durch die Nase ein, in den Unterbauch, durch die Nase wieder aus. Am Anfang ist das noch sehr ungewohnt und man braucht einige Zeit, um sich an diese Atemtechnik bei ausdauernden Übungen zu gewöhnen. Mit der Zeit spürt man aber die Wirkung dieser besonderen Technik.

Zugleich muss man der Ausführung der Bewegung, dem Standbein, der Körperhaltung und vielem weiteren Beachtung schenken. Kein leichtes Unterfangen, aber genau das macht den Reiz eines jeden Trainings für mich aus.

Der Großmeister ruft uns außerdem immer wieder in Erinnerung, wie wichtig es ist, sich Ziele zu setzen, um darauf hinarbeiten zu können. Das gilt sowohl für jede Trainingseinheit als auch für das Leben selbst. Im Unterricht aber auch in persönlichen Gesprächen gibt er uns darüber hinaus Impulse zum Nachdenken und zur persönlichen Entwicklung.


Großmeister.
Das ist so ein Wort, das viele schmunzeln und an alte Kung-Fu-Filme denken lässt. Wenn man ihn nicht kennt, wirkt dieser Titel etwas befremdlich und unwirklich. Lässt man sich aber darauf ein und ist offen, etwas Neues zu lernen, gewinnt dieser Titel auch für einen selbst immer mehr an Bedeutung.

Fasziniert bin ich von den Denkanstößen, die mir Großmeister Son mit auf meinen Weg gibt. Zum Beispiel dass, wenn man etwas nicht mit wenig Worten verständlich erklären könnte, man es selber nicht richtig verstanden hätte. Diesem Konzept folgend sind auch die Gespräche mit ihm, beinahe wie eine eigene Sprache, wodurch sich das Gesagte leicht merken und rezitieren lässt. Spannend finde ich außerdem den kulturellen Austausch und andere Traditionen, Lebens- und Betrachtungsweisen kennenzulernen und so meinen eigenen Horizont zu erweitern.

Taekwondo ist also viel mehr als nur ein Sport und reine Bewegung, mehr als ein Hobby. Es ist eine Lebensphilosophie.

Meine Freundinnen und ich nach einer Einheit im Trainingslager 2017
Zu sehen ist die 8. Form namens Hwa-Rang.

Was fördert Taekwondo?

Zugegeben, das fordernde und ausdauernde Training kann zu Beginn etwas einschüchternd wirken. Wer aber dabei bleibt, verbessert nicht nur seine Ausdauer und Kraft. Durch das Trainieren beider Körperhälften und der Kombination verschiedener Hand- und Fußtechniken wird neben der Konzentration auch die Koordination gesteigert. Die Dehnungseinheiten dienen der Verbesserung der Flexibilität, die ganzheitliche Bewegung der Gesunderhaltung des Körpers.

Durch das regelmäßige Training entsteht ein inneres Gleichgewicht und mentale Stärke, was sich auch positiv auf das Selbstbewusstsein auswirkt. Nicht zuletzt ist Kampfsport auch ein ausgezeichnetes Ventil zum Stressabbau und bietet dem Trainierenden die Möglichkeit zur Selbstverteidigung. Zudem tragen die Denkanstöße des Großmeisters zur Selbstreflexion und persönlichen Entwicklung bei.

Alles in allem wohl nichts für Warmduscher (hier ein kleines Augenzwinkern an meine Klagenfurter TrainingskollegInnen), aber die Gesundheit ist etwas, für das es sich zu kämpfen lohnt. Denn wann tut man in der Regel etwas für seine Gesundheit? Oft erst dann, wenn man bereits krank ist. Und da die Wiedererlang der Gesundheit oft mühsamer ist als ihre Erhaltung, kann man doch eigentlich gar nicht früh genug damit anfangen.

Für wen ist klassisches Taekwondo geeignet?

  • Menschen, die dauerhaft etwas für ihre Gesundheit tun und sich ganzheitlich bewegen möchten
  • Menschen, die sich mit sich selber auseinandersetzen und weiterentwickeln möchten, die sich also neben der körperlichen Betätigung auch eine geistige Komponente wünschen
  • Menschen, die mehr Achtsamkeit leben möchten
  • Menschen, die diesen Text bis zum Ende lesen 😉

Ab welchem Alter kann man mit dem Training anfangen?

Bei uns trainieren Schülerinnen und Schüler jeden Alters. In Klagenfurt kann man mit zwölf Jahren in Begleitung der trainierenden Eltern beginnen. Ansonsten ist ein Einstieg ab 15 Jahren möglich. Dies unterscheidet sich aber von Schule zu Schule. In einigen unserer anderen Schulen gibt es beispielsweise ein eigenes Kindertraining. Genauso sind aber auch ältere Semester herzlich willkommen. Unsere ältesten Mitglieder sind 70+!

Ein Einstieg über ein kostenloses Probetraining ist jedenfalls jederzeit möglich. Unsere Schulen (sowohl in Kärnten bzw. Österreich als auch in Deutschland, Italien und der Schweiz) sowie die Trainingszeiten findet ihr auf unserer Homepage: www.classic-taekwondo.at.

Ich könnte wohl noch ewig über meine Taekwondo-Erfahrungen erzählen, aber macht euch doch einfach selber ein Bild und schaut einmal bei einem unserer Trainings vorbei. Bis bald!