HISTORY: SCHIFFFAHRT AM WÖRTHERSEE (TEIL 6)

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25. Oktober 2014

1966 begann mit der In-Dienst-Stellung der beiden neuen Dieselschiffe „Maria Wörth“ und „Wiesbaden“ eine neue Ära am Wörthersee. Das Ende der Dampfschiffe begann sich abzuzeichnen. Der „Helios“ war bereits abgestellt wurden, der „Neptun“ war auf Dieselantrieb umgebaut worden. Nur die „Thalia“ dampfte, 1965 komplett umgebaut und „modernisiert“, noch als Dampfer über den See.

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Taufe von „Maria Wörth“ und „Wiesbaden“ in Klagenfurt See.

In den 1970iger Jahren, in der Zeit des ständig boomenden Fremdenverkehrs, erfüllten die Schiffe der Wörthersee-Flotte ihren „Transportauftrag“. Die Stadtwerke behandelten die Schifffahrt als „Verkehrsbetrieb“, was bedeutete, dass man sich an den Anforderungen des öffentlichen Verkehrs orientierte, und zwar sowohl was den Fahrplan anging, als auch die Ausstattung der Schiffe. Immer dringlicher wurde aber die Anschaffung neuer, großer Schiffe. Als ein erster Schritt in diese Richtung wurde 1970 die „Klagenfurt“ in der Schiffswerft Linz bestellt, 1972 wurde das moderne, mit einem „Schottel-Ruderpropeller“ ausgestattete Schiff in Betrieb genommen.

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Die „Kärnten“ beim „Weißen Rössl“. Heute ist das Schiff dank mehrerer Umbauten fast nicht mehr zu erkennen.

Schon 1973 erfolgte der nächste Schritt: ein fast baugleiches Schwesternschiff, die „Kärnten“, wurde in Auftrag gegeben. Sie wurde im Frühsommer 1974 in Dienst gestellt – gerade rechtzeitig, denn das Dampfschiff „Thalia“ war wegen eines Wellenschadens abgestellt worden und sollte – es standen nun sechs Dieselschiffe zur Verfügung – auch nicht mehr saniert werden.  „Klagenfurt“, „Kärnten“, „Wiesbaden“ und „Maria Wörth“ besorgten nun Sommer für Sommer den Linienbetrieb am See. Geboten wurde ein heute nicht mehr denkbarerer Stundentakt von ca. 8 Uhr früh bis 18.00 Uhr am Abend.

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Die „Thalia“, untauglich abgestellt in Klagenfurt See um 1976.

Interessanterweise konnte sich aber niemand dazu durchringen, der „Thalia“ den Todesstoß zu versetzen. Schon 1975 hatten sich Interessengruppen gebildet, die das Dampfschiff für den Wörthersee erhalten wollten. Aber die Stadtwerke als Eigner und die Stadt Klagenfurt als Eigentümer der Stadtwerke konnten sich für keine der vorgeschlagenen Verwendungszwecke (die Bandbreite reichte von Jugendherberge über Café bis zu Bordell) erwärmen und das Schiff blieb einfach in der Ostbucht stehen und der Zahn der Zeit begann an der Substanz zu nagen……

Anfang der 1980iger Jahre erfolgte ein massiver Modernisierungsschub. Die neue Werft in Klagenfurt-See war fertiggestellt worden und die Betriebsphilosophie ging mehr und mehr in Richtung „Erlebnisschifffahrt“. In diesem Kontext kam es auch zu dem bemerkenswerten Beschluss, die „Thalia“ wieder betriebsfähig aufzuarbeiten. Motor hinter diesem Projekt war der Verein „Rettet die Thalia!“, der nicht nur Geldmittel, sondern auch Arbeitskraft und Wissen zur Verfügung stellte. Ausschlaggebend war aber die neue Finanzierungsform eines „Leasings“, welche die Restaurierung des jetzt letzten Schraubendampfers auf einem europäischen Binnensee möglich machte.

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Lorlei – umgebaut für den Lendkanalbetrieb – fährt bei Loretto in den Kanal ein.

Weitere Innovationen folgten. Die Gastronomie auf den Schiffen wurde extrem verbessert, die alten, spartanischen Autobus-Bänke wurden durch bequeme Stühle und Bänke ersetzt. Zum ersten Mal gab es „Cafehaus-Service“ auf den Schiffen. Die Nachfrage nach Charterfahrten und Sonderprogrammen boomte. Mit der „Thalia“, die in den ersten Jahren im Linienbetrieb mit „Dampferzuschlag“ betrieben wurde, wurden romantische und gut besuchte Mondschein- und Sommernachtsfahrten angeboten. 1987 wagte man sich an das Projekt „Lendkanalschifffahrt“ und nahm damit einen historischen Teil der Wörthersee-Schifffahrt wieder auf.

Jedoch begann – nach anfänglicher Euphorie und sensationellen Fahrgastzahlen – langsam und schleichend eine Philosophiediskussion. Sollten die Stadtwerke, deren ursächliche Aufgabe die Erhaltung der Infrastruktur der Stadt (Strom, Wasser…..) war, sich derartig in einer Fremdenverkehrssparte exponieren? Zwar wurden großartige Angebote geschaffen, aber es war rückblickend betrachtet wohl nie Geld für eine ordentliche Bewerbung vorhanden. Daher endete der Betrieb der Lendkanal-Schifffahrt schon einige Jahre nach der Wiederaufnahme ziemlich überraschend und wurde einer Privatperson übergeben.

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So schön wird es nie mehr sein – alle 7 Schiffe der Flotte bei einer Verbandsfahrt am See. „Lorelei“, „Loretto“ und „Maria Wörth“ wurden verkauft und gehören heute nicht mehr der Wörthersee-Schifffahrt.

Gegen Ende des 20. Jahrhunderts waren viele der Innovationen der 80iger und 90iger Jahre wieder zurückgenommen worden. Die „Kostenrechner“ hatten endgültig das Kommando übernommen und es ging jetzt hauptsächlich darum, zumindest ausgeglichen zu bilanzieren. Wie überall wurden auch bei der Schifffahrt die Personalkosten mehr und mehr ein Thema. Als man die starre Hirarchie beenden wollte, um das Personal flexibler einsetzen zu können (bis zu diesem Zeitpunkt war es undenkar, dass ein Kassier als Matrose, ein Matrose als Gastro-Kraft oder ein Kapitän als Matrose arbeitet), verließen einige langgediente Mitarbeiter den Betrieb.

Schlußendlich entschieden die Stadtwerke, einen Privatunternehmer als Minderheitsgesellschafter in die Schifffahrtsgesellschaft aufzunehmen. Er sollte „frischen Wind“ in die Angebote und den Betrieb bringen, da man anscheinend auf einmal beamteten Geschäftsführern dies nicht mehr zutraute. Fast zwangsläufig kam es sehr rasch zu Kollisionen, da die Sichtweise eines privaten, auf Gewinn orientierten Unternehmers zwangsläufig anders ist als die eines „beamteten“ Unternehmers. Nach einigen Jahren des „Hin und Her“ setzte die Stadt Klagenfurt in Person des Bürgermeisters einen überraschenden Schlußpunkt. Die Schifffahrt wurde aus den Stadtwerken ausgegliedert und komplett an den besagten Unternehmer verkauft. Was die Politiker des beginnenden 20. Jahrhunderts für die öffentliche Hand zu gewinnen suchten, wurde nun, knapp 100 Jahre später, von deren Nachfolgern wieder veräußert.

Für das Publikum, das nach wie vor entspannt über die Wellen des Wörthersees gleiten kann, hat sich nicht viel geändert. Das Angebot der Schifffahrt ist heute attraktiv, modern und bietet ein gutes Kosten/Nutzenverhältnis. Im Hintergrund aber trauern viele Freunde der Schifffahrt dem alten Geist nach, der mit modernen Managementmethoden und absoluter Gewinnorientierung seine Heimstatt am Wörthersee wohl für immer verloren hat.

(Ende)