History: Schifffahrt am Wörthersee (Teil 4)

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1. Oktober 2014

Gegen Ende des 2. Weltkriegs war die Personenschifffahrt am Wörthersee fast völlig zum Erliegen gekommen. Und wie bei so vielen Betrieben fragte man sich auch hier: „Wie soll es weitergehen?“

thalia 1942

Dampfer Thalia in voller Fahrt 1942. Das Schiff wurde hauptsächlich für Ausflugsfahrten von Fronturlaubern eingesetzt.

Teil 4: Die Schifffahrt am Wörthersee

VON JOHANNES LEBITSCH

 

Vorbei waren die Zeiten der unbeschwerten Sommer am Wörthersee. Gleich nach Kriegsbeginn 1939 war die Schifffahrt in den Dienst des Krieges gestellt worden, beförderte nun nicht mehr Sommerfrischler, sondern Arbeiter und Angestellte nach Klagenfurt zur Arbeit. Durch die Ausdünnung des Autobusverkehrs war es notwendig geworden, auf der Südseite des Sees einen regelrechten „Bus-Ersatzverkehr“ mit Schiffen einzurichten. Die großen Dampfer fuhren mit Verwundeten und Fronturlaubern über den See; einige der großen Hotels waren in Erholungsheime für die kämpfende Truppe umgewandelt worden.

Ab 1944 wurde Material- und Brennstoffmangel so akut, daß die großen Dampfschiffe der Reihe nach abgestellt wurden. Nur noch die beiden kleinen Dieselschiffe „Loretto“ und „Lorelei“ waren in Betrieb. Geboten wurden ab Sommer 1944 nur mehr die absolut notwendigsten Verbindungen in gedrosselter Geschwindigkeit: Dieselmangel zwang zum Sparen.

wulfenia ex kru

Die „Wulfenia“ war 1928 in einer Schiffswerft in Velden a. W. gebaut worden, 1945 nahm ihre kurze Lebensgeschichte ein unrühmliches Ende….

Im Mai 1945 war dann alles vorbei. Der Krieg war zu Ende und die britische Armee besetzte Kärnten. Nach einer kurzen Phase geübter Distanz zwischen Besatzern und Besetzten begann sich eine Besatzungskultur zu entwickeln. Die britischen Soldaten schätzten den See im Kärntner Sommer 1945 und das britische Oberkommando sah sich gezwungen, Urlaubseinschränkungen zu erlassen, da man mehr Soldaten in den Bädern am See als im Dienst antraf…..

Im Sommer 1945 ereignete sich auch das einzige wirklich schwere Unglück, daß die Wörthersee-Schifffahrt in 161 Jahren Geschichte zu verzeichnen hatte. Die britische Kommandatur wollte die „Wulfenia“ für Ausflugsfahrten ihrer Offiziere betriebsfähig sehen. Das Schiff war mangels Treibstoff schon lange abgestellt, aber einige Kanister Diesel waren seitens der Briten kein Problem. Zum Anlassen der Maschine der „Wulfenia“ wurde Pressluft benötigt, welche aus Stahlflaschen bezogen wurde. Aus ungeklärten Gründen – Verwechslung oder Materialmangel – schloss der Maschinist aber eine Sauerst0ffflasche an. Die Folge war eine heftige Explosion. Der Maschinist wurde sofort getötet, der damalige Direktor der Schifffahrt verlor ein Bein. Das Schiff sank auf der Stelle, wurde später gehoben und verschrottet.

Die ersten Nachkriegsjahre waren nicht einfach. Nur „Loretto“ und „Lorelei“ besorgten das ganze Jahr über – auch im Winter – den Verkehr am See. Man hatte die Schiffe komplett mit Holzplatten zugenagelt, um im Winter etwas Schutz vor der Kälte zu haben. Mit fortschreitender Normalisierung wurden auch die Dampfschiffe wieder an Wochenenden eingesetzt – zur Freude der Klagenfurter, die jetzt wieder auf „ihrem“ See fahren konnten.

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Sommerurlauber (man beachte das schwere Gepäck) an Deck des „Helios“ auf den Weg nach Maria Wörth (um 1956).

Mit dem Ende der Besatzungszeit begann auch in Kärnten der Wirtschaftsmotor wieder zu brummen und der Tourismus erlebte ein Comeback. Die Schifffahrt konnte sich wieder auf den Sommerbetrieb konzentrieren und stellte 1952 den Winterbetrieb ein. Mit den Dampfschiffen wurde wieder ein attraktiver Fahrplan geboten. Niemals wieder gab es eine so dichte Frequenz. Alle 60 Minuten, am Nachmittag in der Hochsaison sogar alle 30 Minuten legten die Schiffe an den Seeorten an und waren meist überfüllt. Lediglich der Versuch, auch den Lendkanal wieder mit Schiffen zu befahren, war kein Erfolg. Mangels Interesse des Publikums wurde dieser Versuch schon nach vier Wochen wieder aufgegeben.

Das zunehmende Alter der vorhandenen Schiffe und die immer noch „provisorische“ Infrastruktur der Werftanlagen wurden über die Jahre zu einem echten Problem. Trotzdem waren die Mitarbeiter der Schifffahrt mit Herzblut und Engagement bei der Sache; wenn nicht gefahren wurde, wurde repariert, saniert, modernisiert. Viele Pläne wurden gemacht und wieder verworfen und das „Provisorium“ entpuppte sich typisch österreichisch als Dauerlösung.

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Schwerste Erhaltungsarbeiten mit primitivsten Mitteln waren für die engagierten Mitarbeiter der Schifffahrt nicht Ausnahme, sondern Regel. Hier Arbeiten an der „Thalia“.

Um 1964 war klar, dass einige der großen Dampfschiffe – allen voran der „Helios“ am Ende ihres Lebens angekommen waren. Während man für die „Thalia“ eine Generalsanierung in’s Auge fasste, sollten andere alte Schiffe abgestellt werden. Aus diesem Grund wurde zum ersten Mal seit fast 35 Jahren in neue Schiffe investiert. Zwei neue Motorschiffe, die auf die Namen „Wiesbaden“ und „Maria Wörth“ getauft wurden, waren bei der Schiffswerft Korneuburg bestellt worden. Feierlich wurden sie im Jahr 1966 in Betrieb genommen. Vorbei waren die Zeiten, wo die Heizer schon 4 Stunden vor Abfahrt an Bord sein mussten, um Dampf zu machen. Jetzt genügte eine Umdrehung des Zündschlüssels.

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MS Velden (die frühere MS Wiesbaden) im Adventverkehr am Wörthesee. Das Schwesternschiff „Maria Wörth“ wurde vor Jahren an die Schifffahrt am Völkermarkter Stausee verkauft.

(Wird fortgesetzt)