History: Schifffahrt am Wörthersee (Teil 2)

Gepostet von
25. Juni 2014

1853 sollte sich am Wörthersee vieles ändern. Nachdem viele Jahrhunderte lang nur Segelschiffe und Ruderboote den See befuhren, war es Zeit für das erste Dampfschiff…..

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Teil 2: Die Schifffahrt am Wörthersee

VON JOHANNES LEBITSCH

Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts hinein war die Postkutsche oder der Stellwagen das einzige öffentliche Verkehrsmittel zu Lande gewesen. Langsam, unkomfortabel und teuer war eine Reise in der „Expresspost“ und auch für die Versendung von Waren nur bedingt zu gebrauchen. Für eine Postkutschenfahrt von Klagenfurt nach Villach rechnete man mit 8 Stunden Fahrzeit, eine Reise von Klagenfurt nach Wien war unter 4-5 Tagen (!) nicht zu schaffen.

Daher war die Ankündigung der Freiherr von Herbert’schen Dampfschifffahrtsgesellschaft, am 9. Oktober 1853 den fahrplanmäßigen Betrieb zwischen dem Kagenfurter Lendhafen und Velden mit einem Schaufelraddampfer aufzunehmen, eine Sensation, verkürzte sich doch die Reisezeit zwischen Klagenfurt und Villach dadurch auf 4 Stunden!

Der kleine eiserne Raddampfer, der auf den Namen „Maria Wörth“ getauft wurde, und das antriebslose Schleppboot, das er mit sich führen konnte, waren in einer kleinen Werft in Triest gebaut worden und über Umwege nach Kärnten gelangt. Es verfügte – dem Zeitgeist entsprechend – über Plätze der 1. und 2. Klasse und die Werbung versprach bequemstes Reisen zu moderaten Preisen.

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Ankündigung der Betriebsaufnahme der Dampfschifffahrt in der „Klagenfurt“-Zeitung vom 8. Oktober 1853

Schon die beiden ersten Monate waren ein voller Erfolg und man wäre wahrscheinlich den ganzen Winter über weitergefahren, wäre nicht im Dezember 1853 der Lendkanal zugefroren Damit war dem Schifffahrtsbetrieb eine Pause gegönnt. In der Winterzeit wurden umfangreiche und teure Erhaltungsarbeiten ausgeführt; die Dampfkraft als Mittel zum Antrieb eines Schiffes steckte noch in den Kinderschuhen und bedurfte laufender Wartung und Pflege. Der erste Maschinist der „Maria Wörth“ hieß übrigens mit Familiennamen „Möglich“, was sicher zu lustigen Wortspielen Anlass gab….

Im Jahr 1854 wurde im April der Schiffsverkehr wieder aufgenommen, allerdings zeigte sich bald ein ernstes Problem, welches das ganze Unternehmen in Gefahr brachte. Die starken Wellen des Raddampfers beschädigten nämlich die nur leicht befestigten Uferwände des Lendkanals und dieser drohte schon im Sommer 1854 an einigen Stellen einzustürzen. Was folgte, war ein sich über Jahre hinziehender Kompetenzstreit in bester kafkaesker Manier, wer für die Erhaltung des Kanals – und damit für Kosten – zuständig sei. Die Dampfschiffahrtsgesellschaft schob es auf die Stadt, die Stadt auf das Land, das Land wieder auf die Dampfschifffahrtsgesellschaft – und so weiter. Mehr als einmal sollte in den Jahren bis 1873, dem Ende dieser ersten Schifffahrtsgesellschaft, das Befahren des Lendkanals für das Dampfschiff verboten werden – aber immer wieder wurde mit „Ausnahmen“ der Weiterbetrieb ermöglicht.

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Der „Koschat“ wurde auf der Schiffsschale der „Carinthia“ aufgebaut, dem ersten Schraubendampfschiff am Wörthersee.

Nachdem Freiherr von Herbert 1873 seine Schifffahrtsgesellschaft wegen Totalschadens der „Maria Wörth“ endgültig aufgab, etablierte sich schon ein Jahr später die nächste Gesellschaft, die mit dem Schraubendampfer „Carinthia“ die Wörtherseeorte miteinander verband. Immer mehr Anlegestellen kamen dazu, vor allem die neu entstehenden Hotels an der Nordseite verlangten – jedes für sich – nach einer Landungsbrücke.

1883 wurde der „Neptun“ in Dienst gestellt, 1892 der „Helios“. Letzterer konnte schon 300 Fahrgäste befördern. Man hatte die Dampfkraft immer besser im Griff und die Expansion der Schifffahrt am Wörthersee war entsprechend. Verschiedene Gesellschaften buhlten um die Gunst der Fahrgäste. Einige befuhren nur kurze Strecken, anderen den ganzen See. Monopolisten waren unbekannt. Und das Angebot an Schiffsverbindungen war attraktiv und mit hoher Frequenz.

Neptun bei Pörtschach

„Zwischen den beiden Inseln sehe ich das Dampfschiff (der „Neptun“, Anm.d.A.) kommen. Ich verweile noch im Gastgarten und warte, bis sich das Schiff nähert. Das tut es auch, und lässt seine Dampfpfeife rythmisch erschallen. Die Kellnerin hinter der Schank beginnt, Bierkrüge zu füllen. Sie erklärt, dass der Kapitän mit der Pfeife die Zahl der gewünschten Biere bekanntgibt und ich mich nicht zu beeilen brauche, weil das Schiff erst weiterfährt, wenn die gefüllten Krüge ausgetrunken sind…….“ (Reisebeschreibung aus der Pörtschach-Chronik von Hans Müller)

Nach der Jahrhundertwende 1900 war der Sommertourismus am Wörthersee in voller Blüte und ein neuer Salondampfer wurde bestellt. In der Uebigau-Werft in Dresden wurde mit dem Bau der „Thalia“ begonnen. Dieses 400 Personen fassende Dampfschiff wurde – als Bausatz – mit der Eisenbahn nach Pörtschach gebracht, mit Schwerfuhrwerken nach Pritschitz in die dortige Schiffswerft weitertransportiert und vor Ort zusammengebaut.

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„Thalia“, damals wie heute das Flaggschiff der Wörthersee-Flotte, wurde ursprünglich mit einem schwarzen Rumpf geliefert.

Von all den großen Salondampfern hat bis heute nur die „Thalia“ überlebt – über ihren „Lebensweg“ werden wir später noch mehr hören. Das prächtige Schiff wurde vom Publikum jedenfalls begeistert aufgenommen und schon bald gab es regelmäßige Abendfahrten mit Dinner und Musik – so wie heute auch noch. Noch traf sich die feine Gesellschaft im Sommer am See, wohnte beim Werzer oder beim Wahliss in Pörtschach, erfreute sich am Tanztee im Schloß Velden oder an der neuen Seerestauration in Krumpendorf, die dem Bauwerk am Hamburger „Jungfernstieg“ nachempfunden worden war. 1913 gingen die meisten der bis dahin privaten Gesellschaften in den Besitz der Stadt Klagenfurt über – eine Neuausrichtung der Wörthersee-Schifffahrt scheiterte aber dann zunächst am 1. Weltkrieg.

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Im Verkehrsmuseum „Historama“ in Ferlach hat sich die originale Reserve-Schraube der „Thalia“ erhalten. Sie wurde 1909 mit dem Schiff geliefert, um im Schadensfall eine rasche Reparatur zu ermöglichen.

(wird fortgesetzt)

Linktipps: Lendkanal-Schifffahrt und Schraubendampfschiff  Thalia auf Facebook.