Lesen, spielen und schlürfen im Spiele- und Buchhotel Tschitscher

Gepostet von
14. September 2014

Mensch, ärgere dich nicht im Spiele- und Buchhotel Tschitscher in Osttirol über die große Auswahl an Büchern, Hörbüchern und Spielen. Es dauert nicht lange und schon hat dich dein Lieblingsromanheld schachmatt gesetzt, während am Nachbartisch begeistert in der Kakerlakensuppe gerührt wird.

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Karotte! Pilz! Schlürf! Äääähh? Zu spät, schon wieder verpasst. So eine verdammte Kakerlaken-Suppe. Noch eine Runde? Aber sicher doch. In einem kleinen Dörfchen in Osttirol bricht jeden Tag aufs Neue die Spielleidenschaft aus. Dafür sorgen Heidi und Dieter Mayr-Hassler. 1999 übernahmen das klassische Dorfgasthaus und bauten es Schritt für Schritt zu einem heimeligen Spiele- und Buchhotel mit acht Zimmern aus. Dabei blieb der historische Charme des Hauses erhalten. Von außen wirkt es noch so wie das alte Postgasthaus aus dem Jahre 1672 als die Sommerfrischler in die Berge kamen oder Durchreisende sich in der „Labn“ stärkten. Seit dem ist das Haus im Besitz einer Familie geblieben, die durchgehend Gäste verköstigte oder beherbergte.

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Ein Dorfgasthaus im Wandel der Zeit

1829 gab es sogar eine eigene Brauerei und mit der Südbahn ab dem Ende des 19. Jahrhundert ging es dann so richtig los mit dem Tourismus in Osttirol. Die Dorfgasthäuser profitierten davon und blühten auf. Auch beim Tschitscher ging es rund. Fast rund um die Uhr war die Familie im Einsatz, aber die Zeiten änderten sich. In den vergangenen zwanzig Jahren verschwand ein Wirtshaus nach dem anderen. Aber der Tschitscher blieb, wenn auch mit einer Veränderung: Aus der Gaststube, wo früher Bier ausgeschenkt wurde, ist ein heller offener Aufenthaltsraum mit Kaffeemaschine, Kaugummiautomat und Kühlschrank geworden. Ausgekocht wird zwar nicht mehr, allerdings entschädigt das das leckere Frühstück mit frischem Obst und selbst gemachten Kuchen.

Die sonnige Terrasse und der weitläufige Garten mit Kastanienstrauch, Liegen unter dem Nussbaum und erfrischender Kneippmöglichkeit lädt zum Faulenzen ein. Das ist am Schönsten am Abend, wenn die Sonne die grauen Berge in ein warmes Licht taucht. Eine Runde mit dem überdimensionalen „Mensch ärgere Dich nicht“ im Freien ist natürlich Pflicht, bevor es finster wird. Übrigens, das Spiel gibt es bereits seit 100 Jahren! Wer weder spielen noch lesen will, erkundet mit den Leihfahrrädern und Fungeräten die Gegend.

Dieter Mayr-Hassler (4)

Rückzugsgebiet mit Spaß-Faktor

Im Gwölb sind neben der historischen Mini-Kegelbahn aus Holz und den Kaleidoskopen über 300 verschiedene Spiele für jedes Alter und jeden Geschmack untergebracht. Jeder kann sich eines aussuchen und ausprobieren. Wer sich unsicher ist, fragt den Hausherrn, welches am besten passen könnte und bekommt gleich eine persönliche Spieleinführung dazu. Mit Familie und Freunden werden dann Figuren und Karten auf dem Holztisch neben dem Kamin aufgebaut oder ein lauschiges Plätzchen unter den knorrigen Apfelbäumen in Beschlag genommen. Keine fünf Minuten und schon sind alle vertieft ins Spiel, lachen, kreischen, agieren in einer anderen Welt. Das ist der Zeitpunkt, wo sich Dieter Mayr-Hassler wieder zufrieden schmunzelnd zurückzieht und die Gäste allein lässt. „Ein gutes Spiel muss immer wieder Neues bieten und dauerhaft spannend bleiben“, findet er. Deshalb greifen die meisten immer wieder auf die gleichen Spiele zurück: Risiko und Monopoly zum Beispiel. Auch weil jeder so schnell wie möglich drauf los spielen will. Momentanes Lieblingsspiel der Hoteliers ist die Kakerlaken-Suppe, bei der der Gehirnschmalz ordentlich in Bewegung kommt.

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Blödeln und lachen erlaubt

In der Hektik des Alltags wird oft darauf vergessen, einfach einmal eine halbe Stunde zusammenzusitzen und Spaß zu haben. Das Spiele- und Buchhotel bietet dafür den Raum. Aber ganz ohne Zwang. „Die Kinder lieben es, wenn sich die Eltern bei den Spielen zum Affen machen. Die gemeinsame Zeit tut den Familien gut. Wir beobachten oft, dass in Familien, wo noch regelmäßig zusammen gespielt wird, die Kinder viel ausgeglichener und ruhiger sind“, verrät Mayr-Hassler. Kinder seien auch noch heute begeistert von Brett- und Kartenspielen, man müsse ihnen nur den Platz dafür geben. Deshalb gibt es einmal im Monat einen Spielenachmittag, bei dem jeder die Spiele ausprobieren kann, selbst wenn er kein Gast im Haus ist. „Wir sind aber kein typisches Kinderhotel oder eine Kinderabschiebestelle“, stellt Mayr-Hassler klar. Der Familienanteil liegt in seinem Haus unter 20 Prozent. Meistens sind es Erwachsene, die sich ein paar Tage ausklinken, in Ruhe ein gutes Buch lesen, wandern, Rad fahren – und am Abend ein Spiel auf der Terrasse spielen.

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Zug um Zug, Blatt für Blatt

„Jene, die spielen, die lesen auch gerne.“ Deshalb finden sich im gesamten unzählige Bücher, Hörbücher und Musik-CDs. Alles sind von der Hausherrin ausgewählt und zum großen Teil selbst gelesen. Allein über tausend Bücher sollen es sein. Sie liegen verteilt im ganzen Haus, drapiert auf Fensterbänken oder sortiert in der großen Bibliothek im Flur, gleich neben den Hochzeitsbildern der Familie. Die Zimmer sind großzügig und gemütlich. Das Sofa ist der perfekt Ort Lesekuschelort und der Erker ein kleines Refugium für die Lieblingsmusik. Denn Fernseher sucht man vergebens. Statt dessen ist jedes Zimmer mit CD-Spieler ausgestattet, um gleich in das eine oder andere Hörbuch hinein zu lauschen.

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Erlebnistipp: Hörbuchtage Osttirol – immer im September

Jedes Jahr im Herbst veranstaltet Mayr-Hassler die Hörbuchtage am Fuße der Lienzer Dolomiten. An drei Tagen wird ein besonderes Programm rund um Hörbücher geboten: Dazu gehören zum Beispiel ein Literaturdinner im Rittersaal auf Schloss Lengberg, inszenierte Lesungen mit Schauspielern, literarische Wanderungen, Lesungen von Osttiroler Literaten, Radtouren mit Hörbuch-Pausen oder Hörbuch-Shows. Ein Muss für alle (Hör)buch- und Naturliebhaber!

 

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Anreise: Am besten mit der Bahn über Lienz oder mit dem Auto – von Wien sind es rund 450 Kilometer, von München rund 235 Kilometer. Von den Flughäfen Salzburg oder Klagenfurt sind es mit dem Auto rund 2,5 Stunden bis zum Hotel.

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Übernachten: Das Spiele- und Buchhotel Tschitscher ist ein kleines, mit viel kreativen Ideen geführtes Hotel im osttirolerischen Nikolsdorf, wenige Kilometer von Kärnten und rund zwanzig Minuten mit dem Auto von Lienz entfernt. Es ist ideal für Ruhesuchende, die sich einfach einmal ein paar Tage aus dem stressigen Alltag ausklinken wollen. Es gibt acht Zimmer im historischen Haus, alle renoviert, hell und freundlich. Die Einrichtung bietet viel Komfort, ist klar, verzichtet auf Schnickschnack und reduziert auf das Wesentliche. Trotzdem entdeckt das Auge immer wieder liebevolle Details wie die selbst gestrickten Plüschtiere oder alte Fotografien. Ganz in der Nähe liegt der Drauradweg, daher bietet das Hotel für Radfahrer eine perfekte Infrastruktur mit Fahrradgarage & Co. Im Winter kommen Langläufer und Schneeschuhwanderer in Osttirol voll auf ihre Kosten. Das Spiele- und Buchhotel gehört zu den „Fabelhaften Hotels“, einer Hotelgruppe von einzigartigen Hotels für Individualisten und zu den Drauradwegwirten. www.buchhotel.at

Text und Fotos von Reisejournalistin und Bloggerin Anita Arneitz